Südliches Randgebiet

Ich zupfte etwas nervös an meinem gestreiften Shirt während ich mit einer Hand den roten Regenschirm festhielt, den ich immer bei mir trug. Gerade war es sogar passend, denn es regnete tatsächlich. So waren wenigstens 'meine' roten Haare, also eher die Perücke geschützt und auch meine Klamotten, generell ich wurden nicht nass.
Ich warf einen Blick über die Schulter und rief durch das Geräusch vom Regen, das doch ziemlich laut war, da es sehr stark regnete: "Kaito? Bist du da?"
Eigentlich hatte ich mich hier mit ihm treffen sollen, damit wir einen gemeinsamen Auftrag ausführen konnten. Drogendeal war es, wenn ich mich richtig erinnerte.
Kaito war der kleine Bruder von meinem Chef, weshalb ich wohl etwas verunsicherter war als sonst. Bei sowas glaubte ich immer noch, meine Tarnung könnte auffliegen,was äußerst unangenehm wäre...

Der Motor meines Babys heulte noch ein Mal auf, als ich ein letztes Mal Gas gab. Ich war fast zu spät dran zum Treffen. Bei dem Regen sollte man eigentlich langsamer fahren, besonders hier auf den zerstörten Straßen des Randgebietes. Meine Kameradin bei dem Auftrag war Ren, ich hatte noch nicht besonders viel mit ihr zu tun und kannte sie nicht besonders, da wollte ich wenigstens mit etwas Pünktlichkeit einen guten Eindruck machen.
Ich kam schlitternd neben Ren zum Stehen und wäre fast in einen Laternenmast gerast. Verdammt die Straßen waren echt schon ziemlich nass!
Etwas unglücklich darüber, dass ich meinen Helm abnehmen und meine Haare dem nassen Regen aussetzen zu müssen. Wenigstens war meine Jacke Wasserfest und nur meine Jeans war durchnässt.
Es hatte eine Weile gedauert, bis ich diesen Ort gefunden hatte und ich war jetzt schon völlig durchnässt.
Ich schüttelte meine Haare aus, legte den Helm auf den Sitz meines Babys und lächelte. "Da bin ich. Sorry, dass es so lange gedauert hat. Ich habe mich etwas verfahren", sagte ich.

Ich musterte ihn kurz. Meine Fresse sieht der gut aus, schoss es mir durch den Kopf, auch wenn ich mich jetzt dazu zwang, nicht darauf zu achten. Ich strahlte ihn lieber an, wie es nun mal meine Art war und sagte fröhlich: "Guten Morgen, ist ja nicht schlimm. Schließlich hatte ich einen Regenschirm."
Dann blickte ich auf mein Handy, auf dem die Liste mit für die Drogen gespeichert war, die wir wohl an einen Nachtclub liefern sollten. Seltsam war es nicht, dass die das hier abholen wollten.
"Ich hab den Stoff dabei. Dein Bruder war wohl der Meinung, ich bräuchte Begleitschutz", seufzte ich und klopfte leicht auf meine schwarze mit Nieten besetzte Umhängetasche.
Während ich auf mein Handy sah lief ich schon ein paar Schritte los. "Lass die Maschine am besten hier. Fällt auf. Wir müssen nur zur nächsten Straße und in die Gasse rein, falls ich das richtig sehe", meinte ich. "Zahlung bei Lieferungen... Na das hab ich ja immer furchtbar gerne...", murmelte ich leise vor mich hin, während ich weiter leif und dann kurz stehen blieb, um auf Kaito zu warten.

"Was meinst du, weswegen ich den Schlüssel schon gezogen habe?", murrte ich. Der Gedanke, meine geliebte Harley stehen zu lassen, gefiel mir gar nicht, aber ich konnte wohl nichts tun.
Mit einem kurzen Blick ins Innere meiner Jacke stelle ich fest, ob meine Waffen noch da waren. Das war eigentlich überflüssig, da ich ihr Gewicht und das Drücken der Holster eindeutig spürte, aber das war dennoch mein sich ständig wiederholendes Ritual.
"Ja ich weiß Bescheid", sagte ich ruhig und warf noch einen letzten Prüfenden Blick auf mein Baby, bevor wir um die Ecke bogen und ich es aus den Augen verlor.
"Ja, dann dürfen wir auf dem Rückweg auch gleich noch auf das Geld aufpassen", bestätigte ich und nickte.

"Eben", seufzte ich und sah dann zu Kaito hoch. "Ah Sorry...", murmelte ich und fragte dann lächelnd "Brauchst du 'ne Schirmhalterin?"
Wie demütigend, dachte ich und schrie innerlich, weil ich sowas sagen musste. Von mir selbst in einer weiblichen Person zu reden, nahm mich immer noch mit, auch wenn man wohl meinen sollte, dass ich mich nach etwa einem Jahr daran gewöhnt hatte. Etwas gequält verzog ich das Gesicht fing mich aber wieder und sah Kaito dann wieder lächelnd an. "Ich meine das hätte mir früher einfallen sollen...du bist ja schon ganz nass aber... naja...", redete ich ein wenig nervös vor mich hin und begann damit mit einer 'meiner' roten Haarsträhnen zu spielen.
Furchtbare Angewohnheit, musste ich zugeben. Wenn diese verdammte Perücke jetzt rutschte, hatte ich echt ne Arschkarte...
"Außerdem ist es ziemlich lästig. Dieses 'Zuerst das Geld, nein zuerst die Drogen'-Ding. In dieser Stadt mangelt es einfach an Vertrauen", fügte ich noch seufzend hinzu.

"Nein, nein ich bin eh schon nass", sagte ich und hob abwehrend die Hände hoch. "Du brauchst nicht auch noch nass werden. Ist ja nur Wasser"
Ich pustete etwas genervt die Luft aus. Ren war ein bisschen anstrengend. Aber irgendwie war es angenehm im Gegensatz zu den Leuten mit den ich sonst zu tun hatte. Die waren alle manchmal irgendwie langweilig.
"Hm...", machte ich und starrte während des Gehens nach vorne in den Regen. "Ich habe heute jedenfalls keine Lust auf unnötiges Hin und her. Wir sollten die Sache schnell regeln"

"Wie du meinst", seufzte ich und zuckte mit den Schultern. Ich mochte das Geräusch, das der Regen auf meinem Schirm machte und lächelte vor mich hin, als ich in die Gasse einbog, in der die Übergabe stattfinden sollte.
Dort standen bereits drei Männer in Schwarz die sofort ihre Waffen auf mich richteten, als ich ihnen ein wenig näher kam. "Na, na, na man richtet doch keine Waffe auf eine Dame", grinste ich und zog die Klinge aus meinem roten Regenschirm und hielt sie dem größten der Drei an den Hals.
"Ren Mayson. Sehr erfreut. Und jetzt das Geld", knurrte ich. Ich mochte es nicht, mit Waffen bedroht zu werden und konnte den Spieß dann auch ganz schnell umdrehen.
Ich bemerkte den Schweiß auf dem Gesicht meines Gegenübers während er ein Bündel aus der Hosentasche zog und nach wie vor ein Schwert an der Kehle hatte. Nachdem er mir das Bündel überreicht hatte, senkte ich meine Waffe und schob sie zurück in den Regenschirm. Das Geld warf ich Kaito zu und holte dann aus meiner eigenen Tasche den Stoff, den ich dem Mann in Schwarz vor mir übergab. "Viel Spaß damit. Und nicht alles auf einmal nehmen", grinste ich und drehte mich um. Dann stockte ich und verabschiedete mich noch mit dem gewöhnlichen Satz: "Vielen Dank für Ihre Bestellung, beehren Sie uns bald wieder~"

Während Ren das Geschäftliche übernahm, hatte ich selbst meine Pistolen gezogen und richtete sie auf die verbliebenen zwei Männer, damit diese ja nicht auf dumme Idee kamen.
Ich fing das Geld mit einer Hand und steckte es in die Tasche. Das passierte innerhalb eine kurzen Augenblickes, in dem ich die Männer dennoch nicht aus den Augen lies. Auch eine Waffe war bei mir äußerst effektiv.
Die ganze Verhandlung über verlor ich kein einziges Wort und auch, als sich Ren zum gehen umwandte, folgte ich ihr schweigend, immer noch sehr aufmerksam.
Erst als wir wieder auf die offene Straße kamen und uns der nun leicht seitlich fallende Regen wieder quasi übergoss, steckte ich meine Waffen weg und schloss meine Jacke.
"Das Geld werde ich gleich wegbringen. Sicher ist Sicher.", sagte ich. Dann fiel mir ein dass ich keine Ahnung hatte, wie Ren hier her gekommen war, auch wenn sie einen Schirm hatte, wollte ich es ihr nicht zumuten, jetzt Ewigkeiten nach Hause laufen zu müssen oder so. "Wenn du willst, kann ich dich mitnehmen", schlug ich vor.

"Danke, nein. Ich bin mit meinem Schatz hier", grinste ich und deutete, nachdem auch seine Maschine wieder in Sicht kam, auf einen roten Mustang mit schwarzen Ledersitzen, der am Straßenrand parkte. "Dass du den nicht bemerkt hast", lachte ich und legte eine Hand auf seinen Arm bevor ich sagte: "Und übrigens danke. Für die Hilfe"
Die ich eigentlich nicht gebraucht hätte, fügte ich gedanklich hinzu, verkniff es mir aber, das zu sagen, da ich ihn irgendwie recht sympathisch fand.
Und er schien rücksichtsvoll zu sein. Das gefiel mir, man traf so selten noch Menschen, die es in diesen Zeiten waren.
Ich lehnte mich gegen mein Auto und fragte ihn mit einem beiläufigen Ton in der Stimme: "Seh ich dich gleich im HQ oder muss ich mich verabschieden?"
Das war eher eine belanglose Frage, vielleicht um höflich zu sein und die passende Verabschiedung zu finden, aber ich würde mich freuen, wenn Ersteres zu träfe.

"Ich achte nicht auf andere Vehikel, als mein Baby", sagte ich und setzte mich auf den Sattel meines Motorrades. Langsam merkte ich gar nicht mehr, wie nass es war, da ich eh schon durchgeweicht war. "Du brauchst mir nicht zu danken, ich mache nur meinen Job.", antwortete ich und setzte meinen Helm auf. "Ich denke schon, dass wir dabei sein werden. Wie wär's mit einem Rennen bis dahin?" Ich grinste breit unter meinem Helm und klappte das Visier runter. Provozierend ließ ich den Motor meiner Harley aufheulen.

Mein etwas überraschter Blick schlug in ein siegessicheres Grinsen um. "Mh~ Wenn du scharf darauf bist zu verlieren, Kaito", grinste ich und stieg in mein Auto. Ich ließ den Motor ebenfalls an.
"Du schnurrst wie eine Katze, Baby~", rief ich glücklich und streichelte das Lenkraf meines geliebten Wagens. Das Fenster hatte ich herunter gefahren und sah Kaito fragend an. "Bis zum HQ?", hakte ich nach. "Sollen wir eine Strecke festlegen, oder fährt jeder so, wie er lustig ist?", stellte ich dann eine weitere Frage, die wohl etwas wichtiger wäre, als die Erste.

Ich lachte und klappte mein Visier kurz wieder hoch. "Ich denke auf schnellstem Wege. Über die Hauptstraße. Aber du musst gar nicht fragen, weil du eh immer schön hinter mir herfahren wirst!" Ich lachte erneut und klappte das Visier wieder runter, ehe mein Motorrad hervorschnellte. Mein Baby sah nicht nur gut aus, sondern war auch extrem schnell.

"Na warte!", rief ich ihm hinterher und trat aufs Gas. Der Motor heulte auf und der Mustang fuhr mit einer enormen Geschwindigkeit hinter Kaito her. Ich setzte beim Fahren eine schwarze Sonnenbrille auf und trat das Gaspedal fast ganz durch. Das gab dann schon mal über 200 Sachen. Allerdings hielt ich mich schon nach kurzer Zeit etwas zurück, da ich mein Baby liebte und diese Straße verdammt uneben war.
Sobald die Straße allerdings wieder ebener wurde, trat ich das Pedal erneut weiter durch und zog dann auf die gleiche Höhe wie Kaito. Ich fuhr das Fenster herunter und rief ihm zu: "Sayonara!", bevor ich noch einmal heftiger aufs Gas trat und nun vor ihm fuhr.

Ich schonte mein Baby, auch auf der unebeneren Straße nicht. Das würde mein Hinterteil mir nachher büßen aber im Moment war mir das egal. Ich wollte nur gewinnen, auch wenn ich dafür die Unversehrtheit meines verlängerten Rückens, opfern musste, mein Baby mit frischen Stoßdämpfern konnte das ab.
Einen längeren Moment blieb ich in Führung und freute mich schon. Doch als wir den neueren, ebenen Teil der Hauptstraße erreichten, hörte ich hinter mir das laute Aufheulen einer Motors und Rens Mustang raste an mir vorbei.
Den Rückstand ließ ich ihr aber nicht durchgehen und gab erneut Gas. Ich raste mit, nun fast mit 280, an Ren vorbei und winkte ihr freundlich zu, während ich, mit der gleichen Geschwindigkeit kurz neben ihr herfuhr und gab dann, als ich an ihr vorbei gezogen war, noch einmal mehr Gas.
Die Geschwindigkeit, mit der ich nun drauf hatte, war das absolute Maximum, das ich hier auf einer öffentlichen Straße fahren konnte. Der Rest wäre als Motorradfahrer viel zu gefährlich.

"Warte nur ab, Kaito", lachte ich und schaltete mein Radio ein. "I'm a Winner" erschien mir äußerst passend und es motivierte mich. Erneut trat ich aufs Gas und holte alles aus meine Schatz raus. Das würde mich eine Menge Benzin kosten, aber auf der momentan fast vollkommen leeren Straße zog mein Baby richtig ran.
Als ich wieder neben ihm fuhr drehte ich die Musik auf. "You know you're looking at a Winner. 'Cause I'm a winner ~ Yeah I'm a Winner~", dröhnte es aus meinem Radio.
"Hasta La Vista, Baby", murmelte ich als der Wagen dann schließlich an ihm vorbei raste. Ich ahnte, dass er am Limit war. Das war eben das alte Spiel Motorrad gegen Auto. Und auf so einer Straße hatte ich einen Sicherheitsvorteil.
Auch wenn es für mich wohl ebenfalls tödlich enden würde, wenn ich jetzt in etwas reinraste.

Ich seufzte und gab mich geschlagen. Bei dem Regen konnte ich froh sein, wenn ich mit meinem Motorrad schon auf einer leeren Straße keinen Unfall baute. Aber jetzt war es mir einfach zu gefährlich, auch wenn diese Straße nicht sonderlich voll war. So fuhr ich lieber hinter Rens Wagen her. Zwar immer noch mit hohem Tempo, aber nicht, so dass ich einen Unfall bauen würde. Dafür hatte ich gerade einfach zu viel Geld in der Tasche.
Heute musste ich mich wohl doch geschlagen geben.

Im Rückspiegel sah ich Kaito hinter mir fahren. "Gibst du schon auf, Süßer? Wie schade", murmelte ich leise, was er natürlich nicht hören konnte. Ich drehte meine Musik leiser und drosselte das Tempo etwas, um den Sprittverbrauch in Grenzen zu halten.
Als ich von der Schnellstraße abbog, fuhr ich noch ein Stück langsamer, allerdings immer noch mit gut 180 Sachen. Irgendwann kam dann das Hauptquartier in Sicht, vor dem ich meinen Wagen schlitternd zum stehen brachte.

(GoTo Revanchers Hauptquartier)